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Mittwoch, 10. Oktober 2012

Ja zur Kultur-Flattax - Nein zur unkontrollierbaren Überwachung!

Auch wir Grünen sind keine perfekten Menschen (obwohl wir uns redlich bemühen) und manchmal kommt es auch bei uns vor, dass jemand eine eigentlich gute Idee mit weniger guten Mitteln verkaufen will.

Die Diskussion über illegale Downloads ist keine einfache: Kunstschaffende, Medienkonzerne und User argumentieren seit Jahren in unterschiedliche Richtungen und immer wieder werden stärkere Gesetze zur Überwachung gegen Urheberrechtsverletzungen gefordert. Auch in dem - von uns allen verhinderten - Abkommen ACTA gab es Artikel, welche die Kontrolle von Usern durch Provider vorschlugen, was zu den massenhaften Protesten und schließlich zum Ratifizierungsstopp geführt hat. In Österreich wird seit einigen Monaten auch über eine mögliche Festplattenabgabe diskutiert, die den Medienkonzernen und Künstlervereinigungen den vermeintlich entgangenen Gewinn über Umwege wieder einbringen soll (siehe dazu meinen Beitrag über Das Kunstwerk im Zeitalter seiner virtuellen Reproduzierbarkeit).

Als Alternative zu solchen repressiven oder abzockerischen Maßnahmen gibt es einen Vorschlag, den ich persönlich für den besten halte: Die Kultur-Flattax. Jede und jeder mit Internetanschluss zahlt pro Monat einie gewisse Summe und kann dafür downloaden, was immer das Herz begehrt. Die dadurch eingenomme Summe wird dann auf die Rechteinhaber verteilt und die User besitzen alles legal.
Die Details bei diesem Modell gehören natürlich noch geklärt, so etwa die Frage, wer denn eigentlich das Geld bekommt. Die Konzerne? Dann bekommen die kleinen, selbstständigen Künstler nichts, nur die bekannten. Oder Künstlervertreter wie die AKM? Aber was ist, wenn ein Künstler dort nicht Mitglied werden will?
Außerdem wird hier auch nicht auf das grundsätzliches Problem der Rechteinhaber und -verwerter eingegangen, weil oft die Kunstschaffenden gar nicht mehr im Besitz ihres eigenen "geistigen Eigentums" sind. Dafür bräuchte es ein eigenes Urhebervertragsrecht, das es noch nicht gibt.
Trotzdem würde eine Kultur-Flattax das grundsätzliche Problem der illegalen Downloads ein für alle mal aus der Welt schaffen und ist eine unterstützenswerte Idee.

Gestern hat der grüne Kultursprecher Wolfgang Zinggl diesen Vorschlag wieder einmal eingebracht, allerdings in Kombination mit einer gefährlichen Überlegung. Er sagt in einem Artikel zum Standard: "Verteilt werden sollte das Geld je nach Nutzung der Inhalte, und diese könnte man über neue Softwaresysteme feststellen, die genau messen, was an Up- und Downloads auf ausgewählten Geräten stattfindet - freiwillig natürlich, betont Zinggl."
Trotz aller Freiwilligkeit gibt es hier einige Probleme: Wer speichert diese Daten? Wie werden diese ausgewertet? Wer garantiert für die Datensicherheit? Nehmen wir an, jemand in einer gehobenen und seriösen Position lädt sich ein paar Pornos runter und die Datenbank mit den Download-Informationen gerät in die falschen Hände. Damit wäre die Person massiv erpressbar.  Und auch unabhängig von solchen Beispielen ist das sammeln von großen Datensätzen immer mit dem Risiko verbunden, dass diese irgendwann nicht mehr nur dort liegen, wo sie eigentlich sollten.

Ich sage also weiterhin ja zur Kultur-Flattax, aber ganz entschieden nein zu irgendwelchen Monitoring-Systemen. Besser wäre es, ein Modell zu entwickeln, dass auf Seiten der Hoster, wo die Künstler und Firmen ihre Werke bereitstellen, ein Zählwerk zu installieren - anonymisiert und standardisiert versteht sich. So wären wir einen Schritt weiter in Richtung einer offenen und freien Gesellschaft, wo Kunst und Kultur allen zugute kommt.

Mittwoch, 9. Mai 2012

Das Kunstwerk im Zeitalter seiner virtuellen Reproduzierbarkeit

Es ist fast schon lächerlich: Die Verwertungsgesellschaften steigern Quartal um Quartal ihre Gewinne und wollen trotzdem doppelt und dreifach abkassieren. Jetzt soll also eine "Festplattenabgabe" kommen, weil die alte "Leerkassettenvergütung" immer weniger einbringt. Argumentiert wird das von Kunstministerin Schmied so: "Kunstschaffende müssen mit ihren Leistungen Einkommen erzielen". Das klingt gut und richtig, spannender ist allerdings was sie nicht sagt: Dass vor allem die großen Musik- und Filmunternehmen an den Urheberrechtsabgaben verdienen und zwar über die Verwertungsrechte an den eigentlichen Kulturgütern. Um dafür zu sorgen, dass wirklich die Kunstschaffenden gut von ihrem Beruf leben können müßte also das Urheberrecht gestärkt und das Verwertungsrecht zu Gunsten der Künstler überarbeitet werden, etwa mit einem Urhebervertragsrecht (welches es bis heute in Österreich nicht gibt). Steuern auf Hardware sind aber eindeutig der falsche Weg.

Die Fronten sind verhärtet. Ein Teil der Internet-Community will Kultur konsumieren, ohne auch nur einen Cent dafür zu bezahlen, die anderen zahlen brav bei iTunes oder Amazon. Die Verwertungsgesellschaften sind sauer auf die, die nichts zahlen wollen und bitten deshalb die, die schon bezahlt haben nochmal zur Kasse. Und die Künstler haben großteils keine Ahnung oder Meinung, klammern sich an ihre (oft mickrigen) Verträge und halten sich meistens mit Brotberufen über Wasser, bis auf diejenigen, die so bekannt sind, dass sie genug Aufträge haben und außerdem auch noch einen größeren Anteil vom Verwertungskuchen bekommen. Letztere lassen sich dann auch gerne von den Konzernen vor den Karren spannen und schimpfen auf die bösen Konsumenten. Und als Reaktion auf die geforderte Gebühr hat AnonAustria die Website der Austromechana mit DDoS-Attacken lahmgelegt.

Das Problem des Kopierens - der Reproduzierbarkeit - eines Kunstwerks ist spätestens seit Walter Benjamin ein offenkundiges. Verlor das Kunstwerk vor 80 Jahren aus philosophischer Sicht seine "Aura", so verliert es heute aus ökonomischer Sicht seine Anlagesicherheit für Verwertungsgesellschaften.
Aber seien wir ehrlich: Das Problem besteht schon lange. Das technologische Environment hat sich in den letzten zwei Jahrzehnten zwar gewaltig verändert, aber das passierte nicht von heute auf morgen (Napster gab es schon Ende der 90er). Und eigentlich sind es auch nicht die Kulturschaffenden, die sich am lautesten beklagen, sondern die Konzerne, die für Urheberrechtsabgaben, Vorratsdatenspeicherung, ACTA und SOPA  lobbyieren.
Warum? Viele junge Künstler sind gerade über das Internet erst erfolgreich geworden, einige "alte" haben sich schon vor Jahren auf Creative Commons oder zumindest gratis-Downloads der CDs oder Filme umgestellt und fahren um nichts schlechter als davor, bspw. Nine Inch Nails (Trent Reznor ist bekannt für seine Ausfälle gegen die Plattenfirmen) oder Radiohead. Die Kulturschaffenden vermarkten sich einfach selbst und die Plattenfirmen haben nur noch ihre Marketing-Marionetten aus der Pop-Retorte. Gerade deshalb verstehe ich auch Künstler wie Sven Regener nicht, der sich in einem Interview über Youtube aufregt.

Auf der anderen Seite werden natürlich auch Förderprogramme durch Einrichtungen vergeben, die sich massiv für eine Festplattenabgabe einsetzen, wie etwa die FAMA (Film and Music Austria), und das ist gerade für junge Kulturschaffende (überlebens-)wichtig. Diese Unterstützungen könnten aber auch über andere Töpfe verteilt werden. Eine pauschale Festplattenabgabe ist außerdem kein "Allheilmittel zur Verbesserung der sozialen Lage" der Künstler, wie der grüne Kultursprecher Wolfgang Zinggl feststellt. Einrichtungen wie der FAMA, der Austromechana und der AKM muss endlich klar werden, dass die Konsumenten nicht grundsätzlich Kriminelle sind und dass Urheberrechtsabgaben eigentlich den Urhebern und nicht den Rechteinhabern zustehen.
In Wahrheit ist die Festplattenabgabe eine Cashcow für die Verwertungsindustrie: Es könnten zwischen 50 und 100 Millionen pro Jahr über die Gebühr eingenommen werden, wie hier nachgerechnet wird. Und im Übrigen gab es bereits 2010 ein Urteil vom EuGH, welches feststellte, dass pauschale Urheberrechtsabgaben auf Datenträger nicht zulässig sind. Bevor dann also wieder bis zum EuGH gegen die Festplattenabgabe prozessiert wird, sollten wir uns das Gesetz gleich sparen und stattdessen endlich das Urheberrecht für die stärken, die es wirklich brauchen: Die Künstler.