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Samstag, 24. Juni 2017

Wer die Nadel im Heuhaufen nicht findet, braucht nicht mehr Heu, sondern bessere Magneten

Copyright: Nel Cartoons
Vor einigen Tagen machte ein Cartoon mit dem Titel „Was bringt die Verschärfung der Terrorgesetze?“ die Runde. Darauf zu sehen ist ein Polizeisprecher, der zuerst sagt „Der Attentäter ist den Behörden bekannt, daneben dann der gleiche Sprecher nochmal, diesmal sagt er „Der Attentäter ist den Behörden sehr gut bekannt“.

Dieser Witz bringt den ganz und gar nicht lustigen Umstand auf den Punkt, dass ausnahmslos alle Attentäter der letzten Jahre von der Polizei oder Geheimdiensten bereits überwacht wurden, vorbestraft waren, als gewaltaffin galten usw. Der deutsche Blogger und Netzaktivist Sascha Lobo hat dazu eine Statistik angelegt, aus der klar ersichtlich ist, dass die Behörden inzwischen genug Daten und Informationen hätten, um potentielle Attentäter zu identifizieren, bevor ein Anschlag geschieht. Doch Anstatt sich auf die bessere Auswertung der bestehenden Daten zu konzentrieren, fordern die Innenminister immer mehr Überwachung, frei nach dem Motto: "Wenn wir die Nadel im Heuhaufen nicht finden, brauchen wir mehr Heu. 

In Deutschland wurde vor wenigen Tagen der Einsatz des so genannten „Bundestrojaners“ erlaubt, aber auch in Österreich sieht ÖVP-Innenminister Sobotka mit dem geplanten "Sicherheitspaket" eine ganze Menge von Maßnahmen vor, die die BürgerInnen in Österreich angeblich vor Terrorismus schützen sollen, aber in Wahrheit die Aushöhlung der Privatsphäre bedeuten:
  • Flächendeckende Vernetzung von Videokameras
  • Kennzeichenerfassung aller Autos auf Österreichs Straßen
  • Verbot von anonymen Wertkarten für mobile Telefone
  • Ausweispflicht beim Kauf von Zug- und Bustickets
  • Einführung staatlicher Spionagesoftware (Bundestrojaner)
  • Neuauflage der Vorratsdatenspeicherung
  • Einschränkung der Meinungsfreiheit durch Schaffung neuer Straftatbestände und Beschränkung des Demonstrationsrechts
  • Ausweitung des Lauschangriffs auf private PKW
  • Fußfesseln für unbescholtene Menschen
  • Einsatz von Bundesheer im Inneren und die Aufrüstung des Heeres mit neuen Überwachungstechnologien
  • Ein neues Cybersicherheitsgesetz

Der Grüne Justizsprecher Albert Steinhauser hat die Pläne als zutiefst verfassungswiedrig kritisiert und Wolfgang Sobotka als den „größter Gefährder der Verfassung“ bezeichnet. Auch die Neos, epicenter.works, Amnesty International und viele andere lehnen die geplante Gesetzesänderung ab. Ob diese im Parlament eine Mehrheit vor der NR-Wahl im Herbst findet, hängt derzeit an der SPÖ: Diese fordern eine reguläre 6-wöchige Begutachtingsfrist, die ÖVP will das Gesetzespaket ohne öffentliche Begutachtung zur Abstimmung bringen.

Es kann nicht sein, dass im Namen der Sicherheit unsere Freiheiten und Bürgerrechte untergraben und beschnitten werden. Wie schon so oft (ich erinnere an ACTA und TTIP) ist es wichtig, hier ein Zeichen zu setzen und ein klares "NEIN" an die Bundesregierung zu senden, damit das unsägliche "Sicherheitspaket" so nicht beschlossen wird. Deshalb finden heute in ganz Österreich Kundgebungen statt, getragen von einer breiten Allianz aus NGOs, Zivilgesellschaft und Parteien. Und falls die Gesetzesänderung doch durchgeht, hege ich den starken Verdacht, dass sie - wie schon zuvor die Vorratsdatenspeicherung vom Verfassungsgerichtshof oder dem EuGH - wieder aufgehoben wird.

Links:
» Kundgebung "Stoppt das Überwachungspaket!" in Innsbruck
» Aktionstag gegen das Überwachungspaket

Donnerstag, 2. Juli 2015

Nein zum Staatsschutzgesetz!

Die Bundesregierung plant ein neues "Polizeiliches Staatsschutzgesetz" bzw. "Sicherheitspolizeigesetz", mit dem das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) und die 9 Landesämter für Verfassungsschutz weitreichende geheimdienstliche Kompetenzen bekommen sollen. Österreich bekommt so auf einen Schlag 10 neue Geheimdienste dazu.

Nicht nur, dass der Gesetzesentwurf jetzt husch-pfusch vor der Sommerpause im Nationalrat durchgewunken werden soll. Besonders bedenklich ist, dass die negativen Stellungnahmen von der AK Vorrat, des Datenschutzrates, Amnesty, der Bischofskonferenz, der Evangelischen Kirchen, der Richtervereinigung, diverser Landesämter (darunter auch Tirol) uvm. großteils ingoriert wurden.

Kritisiert wurden besonders folgende fragwürdigen Punkte (siehe staatsschutz.at):
  1. Österreich bekommt einen neuen Geheimdienst.
  2. Das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) ist zwar eigentlich Polizeibehörde, hat aber bald die Befugnisse eines Nachrichtendienstes.
  3. Das BVT kann unbeschränkt und verdachtsunabhängig jeden überwachen und braucht dafür weder Richter noch Staatsanwalt.
  4. Schon zur Bewertung der Wahrscheinlichkeit eines verfassungsgefährdenden Angriffs darf das BVT jeden überwachen. Ein Verdacht ist nicht mehr notwendig.
  5. Das BVT kann auf die Daten von allen Behörden und allen Firmen zugreifen, ohne Richter oder Staatsanwalt. Die einzige Kontrolle ist der interne Rechtsschutzbeauftragte des BM.I, diesem kann das BVT jederzeit die Akteneinsicht verwehren.
  6. Aufgabe des BVT ist weit mehr als die Abwehr von Terrorismus. Auch wer als Whistleblower auf Missstände hinweist oder gegen Rechtsextreme in der Hofburg oder für Tierschutz demonstriert, gerät ins Visier der Behörde.
  7. Rund 100 Straftaten definieren den verfassungsgefährdenden Angriff, 40 davon wenn sie aus religiösen oder weltanschaulichen Motiven begangen werden.
  8. Das BVT darf alle Daten 5 Jahre lang speichern. Wer auf diese Daten zugreift wird aber nur 3 Jahre lang gespeichert.
  9. Österreich hat bald zehn neue Geheimdienste, denn neben dem BVT bekommen auch alle 9 Landesämter für Verfassungsschutz dieselben Befugnisse. Jeder Landeshauptmann (=Ministerpräsident) hat also bald seinen eigenen Geheimdienst.
  10. Das Gesetz soll im Eiltempo noch vor der Sommerpause (7. Juli) verabschiedet werden und tritt mit 1. Jänner 2016 in Kraft.
Ich frage mich ehrlich: Haben wir aus den bisherigen NSA- und BND-Skandalen nichts gelernt? Brauchen wir wirklich neue Geheimdienste zu den bereits bestehenden (BVT, HNA und HAA)? Warum sollen Bundesländer eigene Geheimdienste bekommen? Und warum werden unsere Grundrechte ausgehebelt, so dass wir ohne richterlichen Beschluss auf Verdacht überwacht werden können?

Weil wir hier nicht einfach tatenlos bleiben wollen, hat sich in Innsbruck eine Aktionsplattform gegründet, die morgen Freitag, 3.7. um 17:00 vor der Annasäule dagegen protestieren wird. Ich würde mich freuen, wenn auch ihr die Zeit findet uns dabei zu unterstützen!

https://www.facebook.com/events/1464312103884818/

Links:
» staatsschutz.at
» Gesetzesentwurf und Stellungnahmen
» Grüne und Neos kritisieren Staatsschutzgesetz (Wr. Zeitung)
» Kundgebung gegen das Staatsschutzgesetz (Facebook Event)
» Gefahr „Spitzelwesen“ (Blog von NR Albert Steinhauser)
» Freibrief für NSA und CIA (Pressekonferenz von NR Peter Pilz)

Dienstag, 17. September 2013

Sicher ist sicher?

Seit dem Aufkommen des NSA-Skandals wurde viel über Datensicherheit und Privatsphäre geschrieben. Der heilige Gral der Datensicherheit ist nach wie vor eine starke Verschlüsselung, doch inzwischen scheint auch diese nicht mehr ganz sicher zu sein.

Es gibt mehrere Methoden, wie Kommunikation trotz Verschlüsselung abgefangen werden kann: Die aufwendige Methode ist es, den Schlüssel selbst zu knacken. Das ist jedoch sehr rechenintensiv und kann bei einer globalen Überwachung von Millionen parallel stattfindender Gespräche (noch) nicht eingesetzt werden.
Quelle: zeit.de
Einfacher ist es da schon für die Geheimdienste, Firmen zu beeinflussen, die Kryptotechnologien verkaufen. Dann wird in die Software ein so genanntes "backdoor" eingebaut, mit dem die Verschlüsselung entweder einfach errechnet oder ganz ausgehebelt werden kann. Das funktioniert aber nur bei Software, deren Programmcode nicht einsehbar ist (closed source), nicht jedoch bei open source-Projekten, wo der Verschlüsselungs-Algorithmus einsehbar ist und auf Sicherheitslücken überprüft werden kann.
Schließlich gibt es noch eine Möglichkeit verschlüsselte Kommunikation abzuhören: Die so genannte "man-in-the-middle"-Attacke. Der Angreifer klinkt sich hier zwischen den Gesprächspartnern (bzw. Computern) ein und hört die Kommunikation mit. Wird eine sichere Verbindung (HTTPS, SSL, etc.) angefordert, über die die Daten eigentlich gesichert wären, wird das Sicherheits-Zertifikat vom Angreifer in der Mitte ausgegeben und die Kommunikation kann entschlüsselt mitgelesen werden. Die ZEIT hat hierzu eine schöne Grafik gestaltet, in der diese Methode veranschaulicht wird. 

Trotz all dieser Möglichkeiten verschlüsselte Nachrichten zu dekodieren, ist es wichtig private Daten sicher zu schützen und Kommunikation über das Netz möglichst nicht abhörbar zu führen. Technologien wie PGP und TrueCrypt bieten hier den richtigen Schutz.
Zu diesem Thema findet morgen Abend im Innsbrucker Hackerspace die zweite CryptoParty statt, bei der die Installation und Anwendung von Verschlüsselungs-Software erklärt und gezeigt wird. Jede/r Teilnehmer/in kann am eigenen Laptop die Programme installieren und bekommt fachkundigen Rat von Expert/innen und Hilfe bei Problemen. Ich möchte alle Interessierten dazu einladen, sich für die CryptoParty anzumelden und werde sicher auch vorbei schauen.

Links zur CryptoParty:
IT-Syndikat
provInnsbruck
Facebook Event

Dienstag, 18. Juni 2013

Was PRISM mit Taksim zu tun hat

Zwei Themen haben in den letzten Wochen die internationalen Schlagzeilen beherrscht, die auf den ersten Blick nicht viel gemeinsam haben: Das Überwachungsprogramm PRISM und die Demonstrationen gegen den Umbau des Gezi-Parks (am Taksim-Platz) in Istanbul, welche inzwischen zu türkeiweiten Protesten gegen Ministerpräsident Erdogan geführt haben.

PRISM wurde vor kurzem von dem amerikanischen Whistleblower Edward Snowden über den Guardian sowie die Washington Post veröffentlicht. Dieses Überwachungsprogramm des US- Geheimdienstes NSA hat über zentrale Schnittstellen zwischen Microsoft, Google, Facebook und anderen Softwarefirmen direkten Zugang zu allen übertragenen Daten der User - das betrifft Chat-Protokolle, E-Mails, Video-Konferenzen und und und.
Spätestens seit dem bekanntwerden dieser Information befinden wir uns endgültig auf dem Weg ins Zeitalter der totalen Überwachung, kurz vor der Schwelle zu Dystopien wie "1984" oder "V wie Vendetta". Unter den bekannten Vorwänden "Sicherheit" und "Terrorismusbekämpfung" werden unsere Rechte weiter ausgehöhlt, die Gerichtsbarkeit untergraben und die individuellen Freiheiten zugunsten eines fingierten Sicherheitsgefühls geopfert. Terroristen wissen, wie sie möglichst unentdeckt kommunizieren, ein Anschlag wird vermutlich nicht in einer Facebook-Gruppe ausgemacht. All diese Scheinargumente dienen nur dem Vorwand einer globalen, totalitären Informationsüberwachung.

Umso seltsamer erscheinen die Dementi der beteiligten Firmen, über deren Server mit ziemlicher Sicherheit der Großteil der privaten globalen Kommunikation läuft. Googles Credo "Dont' do evil" klingt mehr als zynisch, werden doch durch PRISM das Brief- und Informationsgeheimnis und potentiell mehrere fundamentale Meschenrechte, wie die Meinungs- und Redefreiheit, verletzt.
In China stieg Google aufgrund der Zensur des Internets aus dem am schnellsten wachsenden Markt aus, während es auf der anderen Seite die Geheimdienste der USA - und wahrscheinlich auch die vieler europäischer verbündeter Staaten - mit den privatesten Details der Internetnutzer versorgte. Facebook stellte sich im arabischen Frühling auf die Seite der Demonstranten - und lieferte gleichzeitig deren gesamte Kommunikation an die NSA. 
Der Aufdecker und Friedensaktivist Daniel Ellsberg (bekannt durch die Pentagon-Papiere) meint dazu:

"This wholesale invasion of Americans' and foreign citizens' privacy
does not contribute to our security;
it puts in danger the very liberties we're trying to protect."

Wer Zugang zu den gesammelten Daten hat, kann die Bevölkerung nicht nur im Moment kontrollieren. Die Inhalte der Kommunikation werden nicht sofort nach der Prüfung gelöscht, sondern bleiben gespeichert - für Nachanalysen, um ein breiteres Sample mit markanten Unterschieden zu unterschiedlichen Zeitpunkten zu bekommen. Das bedeutet, dass fast alles, was wir in den letzten Jahren im Internet geschrieben, gesagt, verlinkt und geteilt haben, für eine sehr lange Zeit mit vielen Backups auf von einander unabhängigen Servern gespeichert sein wird.

Genau hier beginnt das Dilemma: Wie und vom wem werden diese Informationen analysiert? Arbeiten die Geheimdienste mit "demokratischen" oder "rechtsstaatlichen" Methoden? Und wer sagt uns, dass die Staaten, die diese Daten besitzen, immer demokratisch sein werden?
In der Türkei spielt sich gerade genau das ab: Als Verbündeter der USA haben die Ministerien und der "Nationale Nachrichtendienst" (MIT) wahrscheinlich (wie einige andere Staaten) Zugriff auf die Internet-Kommunikation der Demonstranten. Viele von ihnen werden gerade aufgrund ihrer Tweets, Posts und Videos automatisch - von Analyse-Software - registriert, identifiziert und kategorisiert. Und dabei es geht nicht um die Randalierer, sondern um die zehntausenden friedlichen Demonstranten, die ihre Bilder und Videos hochladen und verbreiten - um ihre Meinung mit der Welt zu teilen. Schon jetzt verschleiern sie ihre Identität und verwenden Zweitaccounts und Pseudonyme, um nicht mit ihrer "realen" Identität ins Visier der Geheimdienste oder der Polizei zu geraten. Netzpolitisch betrachtet spricht dieses Verhalten für eine Diktatur und keine Demokratie. Die Vergleiche zum arabischen Frühling mögen insgesamt überzogen sein - in der virtuellen Welt sind sie es nicht.

Wir alle könnten in Zukunft von Algorithmen als potentielle Aufwiegler, Querulanten oder einfach als gefährliche Freigeister eingestuft werden, nur weil wir Amnesty International auf Facebook geliked haben. Und die Wahrscheinlichkeit, dass wir irgendwann in einen "verdächtigen" Raster fallen ist gar nicht so gering - wie auch die futurezone meint.

Vor einiger Zeit wurde in dem Land, welches PRISM heute zur Überwachung der Bevölkerung einsetzt, folgender Satz niedergeschrieben, den ich hier zum Abschluss in Erinnerung rufen möchte:

"They who can give up essential liberty to obtain a little temporary safety,
deserve neither liberty nor safety."
- Benjamin Franklin

Donnerstag, 29. November 2012

Sind Filesharer Terroristen?

Nachdem über 100.000 Menschen die BürgerInneninitiative "Stoppt die Vorratsdatenspeicherung" unterschrieben haben, lud der Justitzausschuss des Parlaments gestern zu einem Hearing mit Experten. Mit dabei waren u.a. Vertreter der AKVorrat, des Max Planck Institus für ausländisches und internationales Strafrecht, des Ludwig Boltsmann Insituts für Menschenrechte, der Präsident der Rechtsanwaltskammer und alle fanden klare Worte gegen die Vorratsdatenspeicherung:
  • Kriminelle wissen, wie man die VDS umgehen kann
  • Die Eingriffe in die Grundrechte sind unverhältnismäßig und überzogen
  • Die Sinnhaftigkeit der VDS ist nicht belegt
  • 188 mal wurde seit der Einführung im April auf Vorratsdaten zugegriffen, doch kein einziges Mal wegen "terroristischer Aktivitäten", weshalb sie eigentlich eingeführt wurde
Das Ziel der BürgerInneninitiative ist die Abschaffung der verdachtsunabhängigen(!) Vorratsdatenspeicherung und eine Intervention Österreichs in der EU, um die EU-Richtline zur Vorratsdatenspeicherung zu revidieren. Im Gegenzug dazu brachten die Vertreter von ÖVP und SPÖ jedoch einen nichtssagenden Antrag ein, die "Erkenntnisse des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) und des Verfassungsgerichtshofs (VfGH) zur Vorratsdatenspeicherung möglichst rasch umzusetzen", was die Bundesregierung sowieso muss - ein Stück nutzloses Papier also.

Was aber am bedenklichsten ist: Die Vorratsdatenspeicherung könnte laut Justitzministerium in Zukunft nicht nur zur Bekämpfung von Straftaten laut Strafgesetz eingesetzt werden, sondern auch bei Verstößen gegen das Urheberrecht. Damit würde sich die Justitz zum verlängerten Arm der Content-Industrie machen und das mit einem Gesetz, welches eigentlich zur Terrorismusbekämpfung gedacht war. Sind Filesharer jetzt Terroristen?

Bleibt zu hoffen, dass die von den Grünen mitgetragene Verfassungsklage gegen die VDS diesem Unsinn bald ein Ende setzt oder dass der EuGH endlich ein Machtwort spricht - für Bürgerrechte und gegen sinnlose Totalüberwachung.

Links:
» Vorratsdaten: Bisher 188 Abfragen durch Behörden in Österreich (derstandard.at)
» Enttäuschendes Ergebnis zur BürgerInneninitiative “Stopp Vorratsdatenspeicherung” im Justizausschuss (albertsteinhauser.at)
» www.verfassungsklage.at
» www.akvorrat.at

Mittwoch, 10. Oktober 2012

Ja zur Kultur-Flattax - Nein zur unkontrollierbaren Überwachung!

Auch wir Grünen sind keine perfekten Menschen (obwohl wir uns redlich bemühen) und manchmal kommt es auch bei uns vor, dass jemand eine eigentlich gute Idee mit weniger guten Mitteln verkaufen will.

Die Diskussion über illegale Downloads ist keine einfache: Kunstschaffende, Medienkonzerne und User argumentieren seit Jahren in unterschiedliche Richtungen und immer wieder werden stärkere Gesetze zur Überwachung gegen Urheberrechtsverletzungen gefordert. Auch in dem - von uns allen verhinderten - Abkommen ACTA gab es Artikel, welche die Kontrolle von Usern durch Provider vorschlugen, was zu den massenhaften Protesten und schließlich zum Ratifizierungsstopp geführt hat. In Österreich wird seit einigen Monaten auch über eine mögliche Festplattenabgabe diskutiert, die den Medienkonzernen und Künstlervereinigungen den vermeintlich entgangenen Gewinn über Umwege wieder einbringen soll (siehe dazu meinen Beitrag über Das Kunstwerk im Zeitalter seiner virtuellen Reproduzierbarkeit).

Als Alternative zu solchen repressiven oder abzockerischen Maßnahmen gibt es einen Vorschlag, den ich persönlich für den besten halte: Die Kultur-Flattax. Jede und jeder mit Internetanschluss zahlt pro Monat einie gewisse Summe und kann dafür downloaden, was immer das Herz begehrt. Die dadurch eingenomme Summe wird dann auf die Rechteinhaber verteilt und die User besitzen alles legal.
Die Details bei diesem Modell gehören natürlich noch geklärt, so etwa die Frage, wer denn eigentlich das Geld bekommt. Die Konzerne? Dann bekommen die kleinen, selbstständigen Künstler nichts, nur die bekannten. Oder Künstlervertreter wie die AKM? Aber was ist, wenn ein Künstler dort nicht Mitglied werden will?
Außerdem wird hier auch nicht auf das grundsätzliches Problem der Rechteinhaber und -verwerter eingegangen, weil oft die Kunstschaffenden gar nicht mehr im Besitz ihres eigenen "geistigen Eigentums" sind. Dafür bräuchte es ein eigenes Urhebervertragsrecht, das es noch nicht gibt.
Trotzdem würde eine Kultur-Flattax das grundsätzliche Problem der illegalen Downloads ein für alle mal aus der Welt schaffen und ist eine unterstützenswerte Idee.

Gestern hat der grüne Kultursprecher Wolfgang Zinggl diesen Vorschlag wieder einmal eingebracht, allerdings in Kombination mit einer gefährlichen Überlegung. Er sagt in einem Artikel zum Standard: "Verteilt werden sollte das Geld je nach Nutzung der Inhalte, und diese könnte man über neue Softwaresysteme feststellen, die genau messen, was an Up- und Downloads auf ausgewählten Geräten stattfindet - freiwillig natürlich, betont Zinggl."
Trotz aller Freiwilligkeit gibt es hier einige Probleme: Wer speichert diese Daten? Wie werden diese ausgewertet? Wer garantiert für die Datensicherheit? Nehmen wir an, jemand in einer gehobenen und seriösen Position lädt sich ein paar Pornos runter und die Datenbank mit den Download-Informationen gerät in die falschen Hände. Damit wäre die Person massiv erpressbar.  Und auch unabhängig von solchen Beispielen ist das sammeln von großen Datensätzen immer mit dem Risiko verbunden, dass diese irgendwann nicht mehr nur dort liegen, wo sie eigentlich sollten.

Ich sage also weiterhin ja zur Kultur-Flattax, aber ganz entschieden nein zu irgendwelchen Monitoring-Systemen. Besser wäre es, ein Modell zu entwickeln, dass auf Seiten der Hoster, wo die Künstler und Firmen ihre Werke bereitstellen, ein Zählwerk zu installieren - anonymisiert und standardisiert versteht sich. So wären wir einen Schritt weiter in Richtung einer offenen und freien Gesellschaft, wo Kunst und Kultur allen zugute kommt.

Sonntag, 8. April 2012

Verfassungklage: Wir machen mit!

Heute vor einer Woche, am 1. April, wurde in Österreich die verdachtsunabhängige Vorratsdatenspeicherung (VDS) eingeführt (siehe dazu auch meine Posts hier und hier). Bisher war es Providern und Telefonanbietern verboten, gewisse Kundendaten länger als für den Verrechnungszeitraum zu speichern, nun sind diese gezwungen alle Standort-, Verbindungs- und sonstige Metadaten für sechs Monate aufzubewahren.
Obwohl keine Inhalte gespeichert werden, lässt sich trotzdem ein eindeutiges Bewegungs- und Kommunikationsprofil erstellen und es ist in Zeiten regelmäßiger Hackerangriffen nicht ausgeschlossen, dass unsere Daten in die falschen Hände gelangen. Diverse Sicherheitsstudien haben gezeigt, dass die VDS gegen Kriminalität und Terrorismus nutzlos ist, weil sie mit einfachen Mitteln zu umgehen ist und damit nur Unschuldige überwacht werden. Die Vorratsdatenspeicherung steht außerdem in klarem Widerspruch zur Europäischen Menschenrechtskonvention und dem Recht auf Privatsphäre und ist bereits in einigen europäischen Ländern wieder aufgehoben worden.

Auch in Österreich regt sich massiver Widerstand:
Am 31. März fanden in allen größeren Städten Demonstrationen gegen die Einführung der VDS statt, darunter auch in Innsbruck, wo ca. 300 Teilnehmer die Privatsphäre symbolisch zu Grabe trugen (viele schöne Fotos gibt's hier, hier und hier).
Der Arbeitskreis Vorratsdaten hat gemeinsam mit den Grünen eine Sammel-Verfassungsklage gestartet. Unter www.verfassungsklage.at können sich bis 18. Mai alle Bürgerinnen und Bürger eintragen, die sich gegen Pauschalverurteilungen und den "gläsernen Bürger" aussprechen, außerdem liegen die Formulare auch im Grünen Büro (Museumstrasse 11) auf. Auch wir haben bei der Demo fleißig gesammelt und schon viele Klagen beisammen.
Zeigen wir der Bundesregierung, dass wir nicht bereit sind, uns „auf Vorrat“ überwachen zu lassen und setzen wir gemeinsam ein Zeichen gegen den Überwachungsstaat und für unsere Privatsphäre!

Guy Fawkes auf der Demo in Innsbruck
Sonja Pitscheider, ich und
viele Verfassungsklagen











Donnerstag, 29. März 2012

Ciao Privatsphäre - Hallo Überwachungsstaat

"Wer nichts zu verbergen hat, hat auch nichts zu befürchten". Seit über einem Jahrzehnt hören wir diesen Satz immer und immer wieder und es scheint, als würden einige Politiker noch immer daran glauben. Wie könnte es sonst sein, dass am 1. April die verdachtsunabhängige Vorratsdatenspeicherung in Kraft tritt (siehe auch Ein schlechter Aprilscherz)?
Ab kommendem Sonntag werden alle unsere Verbindungs- und Kommunikationsdaten für sechs Monate gespeichert, darunter fallen sämtliche Telefonate, E-Mails, SMS, Internetverbindungen usw. Es werden zwar keine Inhalte gespeichert, trotzdem lässt sich mit den Verbindungsdaten ein eindeutiges Bewegungs- und Kommunikationsprofil erstellen, wie der deutsche Grüne Malte Spitz in einem eindruckvollen Experiment unter Beweis gestellt hat.
Unabhängig davon, dass die Vorratsdatenspeicherung die Unschuldsvermutung genau umdreht - alle sind pauschal verdächtig - bringt sie so einige technische Probleme mit sich: Wer darf überhaupt auf die gespeicherten Daten zugreifen? Wie werden die unterschiedlichen Datensätze aufbewahrt und ausgetauscht? Und - in Zeiten regelmäßiger Hackerangriffe und Leaks - am Wichtigsten: Wer garantiert, dass die über uns gespeicherten Informationen auch wirklich geschützt sind? Die Antwort ist leider: Niemand.

Darum hat sich in Innsbruck, wie schon gegen ACTA, eine überparteiliche Plattform gebildet, die kommenden Samstag, 31.03., eine Demo organisiert hat. Wir starten um 13:00 beim Landesmuseum und werden dann über Wilten, den Südring (Motto: "Der Datenhighway ist blockiert") und das Olympiastadion zum Rapoldipark ziehen, wo Koschuh der Privatsphäre eine Grabrede halten wird.

Weitere Infos zur Demo:

» Event auf Facebook
» Google Map der Demo
» Gegen VDS
» AK Vorrat



Wir wollen mit dieser Demonstration der Regierung zeigen, dass wir nicht bereit sind unsere Freiheit gegen (Pseudo-)Sicherheit einzutauschen. Dass sich Proteste auszahlen, haben wir schon bei ACTA gesehen, deshalb müssen sich auch diesmal wieder so viele wie möglich beteiligen!
Wie bei einem Trauerzug üblich, sollten alle in dunkler Kleidung kommen. Wir bitten von Beileidsbekundungen nicht Abstand zu nehmen, sondern diesen lautstark Ausdruck zu verleihen ;-)

Weiterführende Links zum Thema (kleine Auswahl):

» Falter: Die überwachte Republik
» Der Standard: Ab 1. April stehen alle Bürger unter Generalverdacht
» Der Standard: Vorratsdaten: Was wird gespeichert?
» Die Presse: PRO: Vorratsdaten-Regelung bringt Rechtssicherheit
» Die Presse: CONTRA: Vorratsdaten? Wehe, wenn die Hacker kommen

Sonntag, 29. Januar 2012

Legt ACTA endlich ad acta!

Es geht Schlag auf Schlag: Nur einige Tage nachdem die massive Internet-Demonstration gegen SOPA inklusive Wikipedia-Blackout stattgefunden hat, formiert sich endlich auch der Widerstand in Europa gegen das unsägliche "Anti-Counterfeiting Trade Agreement". ACTA soll ein internationales Handelsabkommen gegen Produktpiraterie werden, das jedoch die technologischen Möglichkeiten zur allgemeinen Überwachung in bisher ungekanntem Ausmaß bereitstellt:
Um sicherzustellen, dass die Nutzer nichts urheberrechtlich Geschütztes ins Internet hochladen, könnten die Provider gezwungen werden, sowohl den Datentransfer der User als auch die eigenen Server konstant nach geschütztem Material zu durchforsten. Das bedeutet, dass alle unsere Daten immer gescannt würden, unabhängig davon, ob wirklich eine Urheberrechtsverletzung stattgefunden hat oder nicht!
George Orwells "1984" ist schon oft beschworen worden in den letzten Jahren, aber ich frage mich langsam wirklich, warum wir uns immer weiter in diese Richtung bewegen, anstatt in die entgegengesetzte. Das Internet soll die Möglichkeiten der Freiheit erweitern und nicht einschränken.

Dennoch gibt es Hoffnung: Das EU-Parlament scheint zum Glück nicht so verblendet zu sein wie die nationalen Regierungen und der Rat der EU, welche am 26. Jänner 2012 das Abkommen in Japan unterzeichnet haben (die USA, Kanada, Japan, Australien und andere haben das Abkommen bereits am 1. Oktober 2011 unterzeichnet). Sollte das EU-Parlament im April oder Mai nicht zustimmen (was diverse Fraktionen und Parlamentarier - darunter natürlich auch die Europäischen Grünen - bereits angekündigt haben), könnte das Abkommen entweder massiv entschärft oder komplett zu Fall gebracht werden.

Im polnischen Parlament hat sich die linksliberale Fraktion "Ruch Palikota" demonstrativ Guy-Fawkes-Masken aufgesetzt als es zur Abstimmung um ACTA kam:


Und auch an einer weiteren Front gibt es Protest gegen ACTA: Das Hackerkollektiv Anonymous hat die Seite des Europäischen Parlaments über Stunden mittels DDOS-Attacken lahmgelegt, und AnonAustria hat die Seiten des österreichischen Justitzministeriums und des Bundeskanzleramtes angegriffen, die ebenfalls für Stunden nicht erreichbar waren.

Was ich an der ganzen Sache am Besten finde ist, dass damit die Themen Datenschutz und Internet-Rechte endlich medial und innerhalb der Bevölkerung mehr Beachtung finden. Bis Ende letzten Jahres war es den meisten Usern egal, welche Gesetze die Regierungen unter Anleitung der "Content-Mafia" forcieren, durch SOPA und ACTA werden inzwischen viele aufgerüttelt aus ihrem Dornröschen-Schlaf in der virtuellen Welt.

In diesem Sinne möchte ich alle auffordern, selbst gegen ACTA atkiv zu werden, sich zu informieren und zu protestieren: Auf Facebook hat der Grüne Bundesratsabgeordnete Marco Schreuder die Initiative Österreich muss raus aus ACTA ins Leben gerufen und die Piratenpartei informiert auf der Plattform Stopp ACTA.

Sonntag, 15. Januar 2012

Ein schlechter Aprilscherz

Am 1. April 2012 tritt in Österreich die Vorratsdatenspeicherung in Kraft: In vorauseilendem, blinden Gehorsam hat die Bundesregierung die Umsetzung der "EU-Richtlinie zur verdachtsunabhängigen Vorratsdatenspeicherung" (2006/24/EG) beschlossen - und das, obwohl diese EU-Richtlinie in mehreren anderen EU-Staaten für Verfassungswiedrig erklärt worden ist.

Konkret sollen alle Kommunikationsdaten - E-mails, SMS, Telefonate, Standortdaten usw. - für 6 Monate gespeichert und Polizei und Justiz zur Verfügung gestellt werden. Dieses Instrument der Totalüberwachung steht aber in krassem Widerspruch zum Grundrecht auf Privatsphäre (Artikel 8 der europäischen Menschenrechtskonvention).

Die BürgerInneninititative Stoppt die Vorratsdatenspeicherung setzt sich für eine Aufhebung der EU-Richtlinie und für ein europaweites Verbot der verdachtsunabhängigen Vorratsdatenspeicherung ein. Unterstützt wird die Aktion des AK Vorrat von den Grünen, der Piratenpartei, dem Ludwig Bolzmann Institut für Menschenrechte und vielen mehr. Also unbedingt unterschreiben, denn "Jede Person hat das Recht auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens, ihrer Wohnung und ihrer Korrespondenz" (Art. 8 EMRK)!