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Montag, 31. Dezember 2012

Ein kleiner Jahresrückblick zur Netzpolitik

2012 ist viel passiert im Bereich der Netzpolitik. Ein kleiner - subjektiver und nicht vollständiger - Rückblick:

  • Jänner: In den USA wird der Gesetztesentwurf zu SOPA gestoppt, während sich in Europa die ersten Widerstände gegen ACTA regen.
  • Februar: Am 11. 2. kommt es europaweit zu Demonstrationen gegen ACTA, darunter auch in Innsbruck mit über 1.000 Teilnehmern. Es folgen weitere, kleinere Demos.
  • März: Am Tag vor der Einführung der verdachtsunabhängigen Vorratsdatenspeicherung mit 1. April finden in vielen österreichischen Städen Demonstrationen am 31. 3. statt. Auch in Innsbruck wurde die Privatsphäre symbolisch zu Grabe getragen.
  • April: Gemeinsam mit AKVorrat starten die Grünen bundesweit eine Sammel-Verfassungsklage gegen die Vorratsdatenspeicherung. Diese wird insgesamt von über 11.000 Menschen unterstützt und am 15. Juni eingereicht. Die BürgerInneninitiative "Stoppt die Vorratsdatenspeicherung" wird von über 106.000 Menschen unterzeichnet.
  • Juli: Mit 478 Gegenstimmen wird das Anti-Piraterie-Abkommen ACTA vom europäischen Parlament abgelehnt. Dieser Erfolg wäre ohne die Demonstrationen im Februar und Juni nicht zustande gekommen!
  • September: Am 8. und 9. 9. findet die erste Konferenz zur Netzpolitik "Daten, Netz, Politik" (#DNP12) in Wien statt.
  • Oktober: Das Parlament beschließt die Einführung der elektronischen Gesundheitsakte (ELGA) trotz massiver bedenken von Datenschützern.
  • November: Das Hearing im Jusitzausschuss des Parlaments zur Vorratsdatenspeicherung wird leider zur Farce. Und bei der Landesversammlung der Tiroler Grünen wird das Kapitel "Netzpolitik" für das Landesprogramm beschlossen (mehr dazu folgt in einem eigenen Beitrag im Jänner März).
  • Dezember: In Dubai findet die Weltkonferenz zur Telekommunikation (WCIT) der Internationalen Fernmeldeunion (ITU) statt. Viele der teilnehmenden Länder fordern ein stärkere Überwachung des Internets ("Deep-Package-Inspection"), was die EU und die USA ablehnen. Das Abschlussdokument der Konferenz wird deshalb von vielen Staaten nicht unterschrieben.
Auch 2013 wird ein spannendes Jahr, da bin ich mir sicher. Ich wünsche allen einen guten Rutsch, wir lesen uns 2013!

Donnerstag, 29. November 2012

Sind Filesharer Terroristen?

Nachdem über 100.000 Menschen die BürgerInneninitiative "Stoppt die Vorratsdatenspeicherung" unterschrieben haben, lud der Justitzausschuss des Parlaments gestern zu einem Hearing mit Experten. Mit dabei waren u.a. Vertreter der AKVorrat, des Max Planck Institus für ausländisches und internationales Strafrecht, des Ludwig Boltsmann Insituts für Menschenrechte, der Präsident der Rechtsanwaltskammer und alle fanden klare Worte gegen die Vorratsdatenspeicherung:
  • Kriminelle wissen, wie man die VDS umgehen kann
  • Die Eingriffe in die Grundrechte sind unverhältnismäßig und überzogen
  • Die Sinnhaftigkeit der VDS ist nicht belegt
  • 188 mal wurde seit der Einführung im April auf Vorratsdaten zugegriffen, doch kein einziges Mal wegen "terroristischer Aktivitäten", weshalb sie eigentlich eingeführt wurde
Das Ziel der BürgerInneninitiative ist die Abschaffung der verdachtsunabhängigen(!) Vorratsdatenspeicherung und eine Intervention Österreichs in der EU, um die EU-Richtline zur Vorratsdatenspeicherung zu revidieren. Im Gegenzug dazu brachten die Vertreter von ÖVP und SPÖ jedoch einen nichtssagenden Antrag ein, die "Erkenntnisse des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) und des Verfassungsgerichtshofs (VfGH) zur Vorratsdatenspeicherung möglichst rasch umzusetzen", was die Bundesregierung sowieso muss - ein Stück nutzloses Papier also.

Was aber am bedenklichsten ist: Die Vorratsdatenspeicherung könnte laut Justitzministerium in Zukunft nicht nur zur Bekämpfung von Straftaten laut Strafgesetz eingesetzt werden, sondern auch bei Verstößen gegen das Urheberrecht. Damit würde sich die Justitz zum verlängerten Arm der Content-Industrie machen und das mit einem Gesetz, welches eigentlich zur Terrorismusbekämpfung gedacht war. Sind Filesharer jetzt Terroristen?

Bleibt zu hoffen, dass die von den Grünen mitgetragene Verfassungsklage gegen die VDS diesem Unsinn bald ein Ende setzt oder dass der EuGH endlich ein Machtwort spricht - für Bürgerrechte und gegen sinnlose Totalüberwachung.

Links:
» Vorratsdaten: Bisher 188 Abfragen durch Behörden in Österreich (derstandard.at)
» Enttäuschendes Ergebnis zur BürgerInneninitiative “Stopp Vorratsdatenspeicherung” im Justizausschuss (albertsteinhauser.at)
» www.verfassungsklage.at
» www.akvorrat.at

Mittwoch, 10. Oktober 2012

Ja zur Kultur-Flattax - Nein zur unkontrollierbaren Überwachung!

Auch wir Grünen sind keine perfekten Menschen (obwohl wir uns redlich bemühen) und manchmal kommt es auch bei uns vor, dass jemand eine eigentlich gute Idee mit weniger guten Mitteln verkaufen will.

Die Diskussion über illegale Downloads ist keine einfache: Kunstschaffende, Medienkonzerne und User argumentieren seit Jahren in unterschiedliche Richtungen und immer wieder werden stärkere Gesetze zur Überwachung gegen Urheberrechtsverletzungen gefordert. Auch in dem - von uns allen verhinderten - Abkommen ACTA gab es Artikel, welche die Kontrolle von Usern durch Provider vorschlugen, was zu den massenhaften Protesten und schließlich zum Ratifizierungsstopp geführt hat. In Österreich wird seit einigen Monaten auch über eine mögliche Festplattenabgabe diskutiert, die den Medienkonzernen und Künstlervereinigungen den vermeintlich entgangenen Gewinn über Umwege wieder einbringen soll (siehe dazu meinen Beitrag über Das Kunstwerk im Zeitalter seiner virtuellen Reproduzierbarkeit).

Als Alternative zu solchen repressiven oder abzockerischen Maßnahmen gibt es einen Vorschlag, den ich persönlich für den besten halte: Die Kultur-Flattax. Jede und jeder mit Internetanschluss zahlt pro Monat einie gewisse Summe und kann dafür downloaden, was immer das Herz begehrt. Die dadurch eingenomme Summe wird dann auf die Rechteinhaber verteilt und die User besitzen alles legal.
Die Details bei diesem Modell gehören natürlich noch geklärt, so etwa die Frage, wer denn eigentlich das Geld bekommt. Die Konzerne? Dann bekommen die kleinen, selbstständigen Künstler nichts, nur die bekannten. Oder Künstlervertreter wie die AKM? Aber was ist, wenn ein Künstler dort nicht Mitglied werden will?
Außerdem wird hier auch nicht auf das grundsätzliches Problem der Rechteinhaber und -verwerter eingegangen, weil oft die Kunstschaffenden gar nicht mehr im Besitz ihres eigenen "geistigen Eigentums" sind. Dafür bräuchte es ein eigenes Urhebervertragsrecht, das es noch nicht gibt.
Trotzdem würde eine Kultur-Flattax das grundsätzliche Problem der illegalen Downloads ein für alle mal aus der Welt schaffen und ist eine unterstützenswerte Idee.

Gestern hat der grüne Kultursprecher Wolfgang Zinggl diesen Vorschlag wieder einmal eingebracht, allerdings in Kombination mit einer gefährlichen Überlegung. Er sagt in einem Artikel zum Standard: "Verteilt werden sollte das Geld je nach Nutzung der Inhalte, und diese könnte man über neue Softwaresysteme feststellen, die genau messen, was an Up- und Downloads auf ausgewählten Geräten stattfindet - freiwillig natürlich, betont Zinggl."
Trotz aller Freiwilligkeit gibt es hier einige Probleme: Wer speichert diese Daten? Wie werden diese ausgewertet? Wer garantiert für die Datensicherheit? Nehmen wir an, jemand in einer gehobenen und seriösen Position lädt sich ein paar Pornos runter und die Datenbank mit den Download-Informationen gerät in die falschen Hände. Damit wäre die Person massiv erpressbar.  Und auch unabhängig von solchen Beispielen ist das sammeln von großen Datensätzen immer mit dem Risiko verbunden, dass diese irgendwann nicht mehr nur dort liegen, wo sie eigentlich sollten.

Ich sage also weiterhin ja zur Kultur-Flattax, aber ganz entschieden nein zu irgendwelchen Monitoring-Systemen. Besser wäre es, ein Modell zu entwickeln, dass auf Seiten der Hoster, wo die Künstler und Firmen ihre Werke bereitstellen, ein Zählwerk zu installieren - anonymisiert und standardisiert versteht sich. So wären wir einen Schritt weiter in Richtung einer offenen und freien Gesellschaft, wo Kunst und Kultur allen zugute kommt.

Dienstag, 25. September 2012

Digitale Bürgerbeteiligung in Innsbruck
oder: InnPiraten - klarmachen zum Kentern

Die Sommerpause ist vorbei und auch ich melde mich zurück, diesmal mit einem Thema aus dem Innsbrucker Gemeinderat.

In der GR-Sitzung im Juli durften die InnPiraten (die gemeuterte Splittergruppe der PPT) den Titel der aktuellen Stunde vorgeben und wählten "Einsatz von digitalen Medien (Web-2.0-Anwendungen) zur Verbesserung der Bürgerbeteiligung und Transparenz". An sich ein ausgezeichnetes Thema, welches die Aufmerksamkeit der Politik verdient und mehr forciert werden sollte, um vor allem die jüngeren Bürgerinnen und Bürger mehr und direkter an den politischen Prozessen zu beteiligen. Trotzdem war der Titel aus meiner Sicht etwas seltsam gewählt, weil 1. Medien keine Anwedungen sind, 2. Medien nur einen Teil des "Web 2.0" darstellen und 3. der Begriff "Web 2.0" eigentlich Marketing-Neusprech ist, der keine technische Neuerung, sondern nur die erweiterte Verwendung von Technologien bezeichnet. Nennt mich kleinkariert, aber ich habe täglich im Berufsleben mit diesen Begriffen zu tun und erkenne "Bullshit-Bingo" relativ schnell, wenn es mir vorgesetzt wird ;-)

Wir Grüne haben uns zur digitalen BürgerInnenbeteiligung einige Gedanken gemacht und ich durfte folgende Ideen und Forderungen präsentieren:
  • Live-Streaming (und am Besten ein Video-Archiv) der Innsbrucker Gemeinderatssitzungen.
  • Digitale Partizipation: Eigene Umfrage-Portale wie Meine Stadt. Meine Meinung. sind ein wichtiger Schritt in Richtung BürgerInnenbeteiligung, trotzdem darf dieses Mittel nicht zur medialen Selbstprofilierung der Stadt genutzt werden, sondern muss auch kritischen Stimmen und Meinungen Platz bieten.
  • Open Government Data: "Open Data" bezeichnet offene, allgemeine und verwertbare Datensätze, die (natürlich anonymisiert, sofern personalisiert) der Wissenschaft, Forschung, Wirtschaft, etc. zur Verfügung gestellt werden. Dadurch können verschiedenste Anwendungen entwickelt werden, von Verkehr-Apps über Umwelt- und Luftbelastung bis hin zu demographischen Tools. Viele Beispiele finden sich unter opendata-showroom.org und opendata-network.org, in Innsbruck hat sich vor kurzem die Initiative InnsbruckOpen gegründet und von Land und Bund gibt es auch schon entsprechende Projekte.
  • Soziale Netzwerke: Stadtmarketing und TVB machen es schon vor und zeigen uns, wie sich eine lebendige Stadt wie Innsbruck auf Facebook oder Twitter präsentieren kann. Diese Kommunikationskanäle sollten aber nicht nur touristisch und marketing-technisch genutzt werden, sondern auch als Möglichkeit der direkten politischen BürgerInnenbeteiligung angesehen werden, z.B. für Informationen über Baustellen & Umleitungen, Feinstaubbelastung oder Baumfällungen.

So viel zu unseren Standpunkten, jetzt kommt der lustige Teil. Die InnPiraten, welche ja das Thema überhaupt erst vorgeschlagen hatten, präsentierten im Gemeinderat einen ziemlich skurrilen Vorschlag:
Die Stadt Innsbruck soll pro Quartal (!) 250.000 Euro für "sozial Projekte" zur Verfügung stellen, über die online abgestimmt werden kann und zwar mit einem "Daumen hoch oder runter"-Prinzip. Unabhängig von der Sicherheit und Beeinflussbarkeit solcher Systeme muss man sich erstmal fragen, wer und wieviele an einer solchen Abstimmung teilnehmen, wenn man bedenkt, dass schon bei einer Plattform wie Meine Stadt. Meine Meinung. nur circa 400 Personen registriert sind, wie wir Grünen aus einer Anfragefragebeatwortung vom Jänner wissen.
Aber es kommt noch besser (oder schlechter)... In der September-Ausgabe von Innsbruck Informiert steht folgende Passage im Fraktionsbeitrag der Piraten: "Am Ende eines Quartals, werden die Daumen hoch oder runter gezählt und durch die 250.000 dividiert, somit kommt ein konkreter Wert für jeden Daumen zusammen und diesen Betrag bekommen die Projekte dann als Bonus zur freien Verfügung ausbezahlt." Machen wir mal ein kleines Rechenbeispiel und nehmen an, ein Projekt hat 250 "Daumen hoch" bekommen: 250 durch 250.000 ist? ... Genau: 0,001 €, also 0,1 Cent! Sogar, wenn ein Projekt 250.000 "Daumen" bekommen würde, wäre das genau 1 € pro Projekt.
Ich frage mich: Stellen sich die InnPiraten so digitale BürgerInnenbeteiligung vor oder ist das ein Geheimplan zur großen Abzocke? Die Antwort ist aber wahrscheinlich viel einfacher: Die Piraten beherrschen nicht einmal die Grundrechenarten.
Im Text geht es dann noch angriffig weiter gegen uns: "Web 2.0 ist für die Grünen nur ein Modewort [Anm.: Das habe ich nie gesagt]: Das gibt es gar nicht?! Na ja, sie haben ja ihre Spezialisten!"
Danke für das Kompliment! Aber die wahren "Spezialisten" seid wohl ihr.