Stoppt die Vorratsdatenspeicherung! Jetzt klicken &handeln! Willst du auch an der Aktion teilnehmen? Hier findest du alle relevanten Infos und Materialien

Dienstag, 31. Juli 2012

Europe vs. Facebook? Nicht mit Irland...

Was passiert, wenn man auf Facebook einen Eintrag löscht? Wird dieser dann auch wirklich aus allen Datenbanken von Facebook entfernt oder nur nicht mehr auf der Seite angezeigt? Warum reichen die Chat- und Messenger-Protokolle so weit in die Vergangenheit zurück? Wie lange werden diese Protokolle von Facebook aufbehalten?

Diesen und weiteren Fragen sind 2011 einige Wiener Studenten auf den Grund gegangen und wollten wissen, wie genau es Facebook eigentlich mit der europäsichen Datenschutzrichtlinie nimmt. Auf Anfrage (laut EU-Datenschutzrecht darf jeder User die Daten anfordern, die über ihn oder sie aufgezeichnet wurden) bekamen die Studenten tausende von Seiten gespeicherter Inhalte, obwohl diese auf den Facebook-Profilen gar nicht mehr sichtbar waren. Facebook hat die Einträge also nur auf "unsichtbar" geschalten und eigentlich jede Kleinigkeit penibel für alle Zeit gespeichert. Warum will Facebook all diese Daten? Ganz einfach: Aus den Rohdaten der User können über Algorithmen Profile für Werbekunden errechnet werden, die Facebook dann an Firmen verkauft.

Weil dieses "Datamining" laut europäischem Datenschutzrecht unzulässig ist, zogen die Studenten um den Initiator Max Schrems vor Gericht und leiteten ein Verfahren bei der irischen Datenschutzbehörde ein (der europäische Firmensitz von Facebook ist in Dublin), die für die Durchsetzung europäisches Rechts zuständig wäre. Diese hat nun aber - skurrilerweise per sms - mitgeteilt, dass sie nicht mehr weiter gegen Facebook ermitteln wird, der Fall für sie abgeschlossen ist und sie keinen weiteren Kontakt in dieser Sache wünscht. Besonders lustig ist auch der Umstand, dass in der irischen Datenschutzbehörde anscheinend keine Juristen beschäftigt sind.
Die Gruppe mit dem Namen "Europe vs. Facebook", die den gesamten Briefwechsel online gestellt hat und will sich jetzt nächste Woche mit den Anwälten beraten, wie es weitergeht.



Mittwoch, 11. Juli 2012

[Off-Topic] Was haben ÖVP und Vatikan gemeinsam?

Oder: Wie man das Gegenteil von dem erreicht, was man eigentlich möchte und alles nur noch schlimmer macht.

Zugegeben, ich stehe weder dem Vatikan noch der ÖVP besonders nahe, aber irgendwie tun sie mir schon fast leid...
Was ist geschehen? 1. Das Satiremagazin Titanic hat mit einem Heftcover den Papst beleidigt. 2. Die ÖVP hat eine interne Strategie-Fibel gegen das Schreckgespenst Rot-Grün verfasst. So weit, so schlecht. Aber der Reihe nach:

Titanic ist nicht bekannt für die feine humoristische Klinge. Das neueste Cover kann sehr wohl als "geschmacklos" bezeichnet werden, zeigt es doch den "Heiligen Vater" mit einem gelben Fleck auf der Soutane und dem Titel "Halleluja im Vatikan - Die undichte Stelle ist gefunden!"
Das neue Cover?

"Titanic verboten!
Der Papst im Freudenrausch!"

Auch wenn das nicht gerade der feinen englischen Art enspricht, hätte der Papst gut daran getan, Satire Satire sein zu lassen und sich nicht einzumischen. Nachdem er sich aber dazu entschieden hatte, gegen das Magazin gerichtlich vorzugehen und mit einem Ordnungsgeld von € 250.000 (!) zu drohen, hat Titanic das entprechende Cover geschwärzt und die Geschichte an die Presse weitergespielt, was dazu geführt hat, dass alle Zeitungen darüber berichten und das (ungeschwärzte) Bild auf hunderten Blogs im Internet zu finden ist. Per nachfolgender Pressemitteilung meinte Titanic daraufhin: "Der Titel zeige einen Papst, der nach der Aufklärung der Spitzelaffäre ("Vatileaks") feiert und im Überschwang ein Glas Limonade über seine Soutane verschüttet hat". Der Chefredakteur ergänzt: "Wir werden sämtliche Rechtsmittel ausschöpfen und notfalls bis zum Jüngsten Gericht ziehen."

Einen ähnlichen Bock hat die ÖVP mit ihrer Anti-Rot-Grün Fibel geschossen: Dummerweise bekam die Kronen-Zeitung die nur für interne Wahlkampfzwecke gedachte Fibel in die Finger (und hat daraus gleich die Hautpschlagzeile gemacht). Der Inhalt ist schnell erklärt: Auf 61 Seiten finden sich spektakuläre Sätze wie "Rot-Grün heißt Guantanamo-Häftlinge in Österreich", "Rot-Grün heißt Chaos und Anarchie" oder "Rot-Grün heißt Abschaffung der Ehe".
Die Verfasser dieser unsinnigen Aussagen haben aber leider das Gegenteil von dem errecht, was sie wollten: Die Twitter-Community hat bei dem lustigen Spiel mitgemacht und unter dem Hashtag #fibel viele weitere wunderbare Sätze kreiert, wie etwa "Rot-Grün heißt: Fahrradspur auf Autobahnen", "Rot-Grün heißt verpflichtende Dreadlocks für alle im Staatsdienst", "Rot-Grün heißt Servus GenossIn anstatt Grüß Gott", "Rot-Grün: Martin Balluch ist Umweltminister und der Mafia-Paragrah wird gegen Jagdgenossenschaften angewendet" oder "Rot-grün heißt Staatsbürgerschaftstest auf Türkisch" :)
Der ÖAAB versuchte die Situation mit einer Presseaussendung zu retten, allerdings bezweifle ich sehr, dass das mit Sätzen wie "ist es unsere Pflicht, die Bevölkerung auf die Gefahren einer rot-grünen Koalition hinzuweisen" oder "Unsere Risikoanalyse (?) ist ja nicht aus der Luft gegriffen, sondern beruht auf konkreten Erfahrungen und Inhalten" gelingen wird.

© raketa.at
Die Angstpropaganda der ÖVP ist also nach hinten losgegangen, bevor sie überhaupt begonnen hat. Und der Papst ist jetzt wegen einem Satire-Cover weltweit in den Medien, obwohl er genau das verhindern wollte. Was lernen wir daraus? Wenn schon etwas schiefgelaufen ist, sollte man nicht noch Öl ins Feuer gießen, sonst wird's wirklich schlimm.

Donnerstag, 5. Juli 2012

ACTA ist Geschichte... oder doch nicht?!

Die europaweiten Demonstrationen gegen ACTA haben ihre politische Wirkung entfaltet:
Zuerst wurde das unsägliche Anti-Piraterie-Abkommen von fünf Ausschüssen des EU-Parlaments abgelehnt (sogar in den eigentlich eher konservativen, wie dem Handels- und dem Rechtsausschuss). Und gestern hat das EU-Parlament selbst eindeutig gegen ACTA votiert: 478 der MEPs stimmten dagegen, 39 dafür und 165 enthielten sich der Stimme.

Dieser Erfolg geht auf das Konto von uns allen :-) Wären wir nicht im Februar gegen ACTA auf die Straße gegangen, wer weiß, wie die Abstimmung ausgegangen wäre. Darum ein herzliches Danke an alle, die an den Demos teilgenommen oder sich aktiv beteiligt haben und auch an die Abgeordneten - ganz besonders Eva Lichtenberger -, die dagegen gestimmt haben!

 Die Grünen Angeordneten im Europaparlament:
"Hello Democracy - Goodbye ACTA" 
Nach der Ablehnung des EU Parlaments ist ACTA formell gestorben, weil es von diesem ratifiziert werden muss (trotzdem kommt noch eine Prüfung des Abkommens vom Europäischen Gerichtshof). Es kann jetzt nur "durch die Hintertür" - das heißt, mit jedem Staat der EU einzeln von den anderen Vertragspartnern ausgehandelt werden. Allerdings glaube ich, dass auch dieser Versuch scheitern wird, weil die Stimmung zu ACTA in der Bevölkerung und auch in der Politik inzwischen ziemlich negativ ist.

Seltsamerweise scheinen das aber einige - vor allem konservative - Mitglider der Komission und des Parlaments nicht mitbekommen zu haben und halten weiterhin an ACTA fest:
Elisabeth Köstinger von der ÖVP meint, dass die "Ablehnung des ACTA-Abkommens [...] die EU im internationalen Kampf gegen Produkt- und Markenpiraterie" um Jahre zurückwirft, anstatt zuzugeben, dass dadurch eigentliche Produktfälschung gar nicht geahndet werden kann, weil Staaten wie China nicht an dem Abkommen teilnehmen.
Marielle Gallo von der "Neuen Linken" (die in der Fraktion der EVP/PPE sitzt) glaubt, dass Anonymous das Polnische Parlament infiltriert hat und Handelskommissar De Gucht droht damit, ACTA dem Parlament nach der Prüfung durch den EuGH nochmal vorzulegen, obwohl Organisationen wie Ärzte ohne Grenzen dezediert davor warnen: "ACTA ist ein direkter Angriff auf das Leben von Patienten in ärmeren Ländern".

Gestern war ein guter Tag für die Demokratie und die Bürgerrechte in Europa. Hoffen wir jetzt, dass die Versuche, ACTA doch noch direkt oder indirekt (etwa durch IPRED oder INDECT) einzuführen, genauso wenig Erfolg haben werden.