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Mittwoch, 18. April 2012

Stimmenfänger in trüben Gewässern

Eines kurz vorweg: Die Innsbrucker Gemeinderatswahl sehe ich mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Wir Grünen haben einerseits trotz neun Listen und einer massiven Medien- und Materialschlacht seitens Für Innsbruck und ÖVP unsere acht Mandate verteidigen und uns von 18,5% auf 19,1% auch leicht verbessern können und - ganz wichtig - sogar einen zweiten Stadtsenatssitz ergattert - und das bei einem sehr befremdlichen Wahlausgang, mit dem so wohl niemand gerechnet hätte. Andererseits sind wir nicht stärkste Kraft geworden und haben nicht das neunte - mein Kampfmandat - erreicht. Und die geringe Wahlbeteiligung ist auch nicht gerade ein Grund zur Freude.

Vieles war nach der Wahl anders als erwartet: FI liegen nicht mehr vor der ÖVP, die wiederum haben sich trotz Korruptionsskandalen verbessert, die SPÖ hat es ziemlich zerbröselt (was inzwischen schon zu Konsequenzen geführt hat) und die Piraten sind erstmals in einem Gemeinderat in Österreich vertreten.
Peter Pilz möchte deshalb bei der Nationalratswahl einen Piraten-Kandidaten auf einen wählbaren Platz auf der Grünen Liste aufstellen. Aber unabhänig davon, dass sich die Grünen schon länger, intensiver und kompetenter mit Netzpolitik beschäftigen - genannt seien hier Eva Lichtenberger, Marco Schreuder, Albert Steinhauser und die vor kurzem gestartete Sammelverfassungsklage gegen die Vorratsdatenspeicherung - gibt es da auch ein anderes Problem:
Die Piraten fischen ihre Stimmen in trüben Gewässern. Ich war selbst Wahlbeisitzer und habe beim Öffnen der Kuverts nicht schlecht gestaunt, dass die Piraten-Wähler die Bürgermeister-Stimme entweder Rudi Federspiel oder Penz von der FPÖ gegeben haben (oder gar niemandem). Und das war nicht nur in meinem Sprengel so, wie ich von anderen Wahlbeisitzern erfahren habe. Das bedeutet, dass die Piraten als Protestpartei vor allem den Rechten Stimmen gekostet haben und wohl auch zukünftig unzufriedene Gesellschaftsverlierer anziehen werden.

Der grüne Bundesrat Marco Schreuder meint zu Pilz' Idee in der Presse:
"Ich halte sie für nicht unbedingt verfolgenswert." Viele Positionen der Piraten seien zu unklar, manche – Stichwort: Beteiligung von Frauen – sogar grundverschieden. Gerade in Innsbruck habe es auch "rechte Umtriebe" bei den Piraten gegeben – "da wollen wir nicht anstreifen".

Und was die personelle Aufstellung der Piraten in Innsbruck betrifft, analysiert Peter Plaikner in einem Kommentar ziemlich genau:
"Die sogar von der Bundespartei losgelöste Splittergruppe wäre als thematische Surferpartie besser beschrieben. Zwischen ihrem Alexander Ofer und wahren Piraten-Exponenten wie dem Berliner Christopher Lauer liegen nicht nur im intellektuellen Anspruch Welten: Sie verkörpern den Unterschied zwischen Stammtisch-Beliebigkeit und demokratischer Sinnsuche."

Besonders lustig ist finde ich ja, dass die Piratenpartei Tirol (PPT) sich mit der Piratenpartei Österreich (PPÖ) überworfen hat. Der "Volksfront von Judäa-Effekt" (alle, die das nicht verstehen bitte Das Leben des Brian anschauen) ist bei jungen politischen Bewegungen nichts neues. Trotzdem: Kurz vor der Gemeinderatswahl hat es fast so ausgesehen, als ob die PPÖ und die PPT wieder versöhnen wollen: Alle kritischen Artikel gegen die PPT - unter anderem die Pressemeldung vom Ausschluss aus der Bundespartei - sind von der Website der PPÖ verschwunden und die PPÖ gratuliert der PPT jetzt sogar zum Wahlerfolg in Innsbruck. Diese Anbiederung kann nur als Furcht vor den Tirolern und einer feindlichen Übernahme der Marke aus dem Westen interpretiert werden, da die PPT auch bei der Landtagswahl 2013 antreten will. In klassischer Piratenmanier bleibt Ofer aber angriffig und erklärt im Interview:
"Wir wollen mit der PPÖ nichts zu tun haben, das sind Pfuscher. Das sind ein paar Wahnsinnige und meinen sie können Österreichweit die Piratengeschicke lenken. [...] Wir distanzieren uns von der PPÖ. Ich weiß nicht, warum wir uns mit denen abgeben sollten."

Es bleibt also spannend aber unfreundlich auf dem Piratenschiff. Wir werden sehen, wie die Sache weitergeht. Und wer sich bis dahin für echte Netzpolitik interessiert, ist herzlich eingeladen, sich bei den Grünen und auch auf diesem Blog darüber zu informieren. In diesem Sinne: Ahoi!

Sonntag, 8. April 2012

Verfassungklage: Wir machen mit!

Heute vor einer Woche, am 1. April, wurde in Österreich die verdachtsunabhängige Vorratsdatenspeicherung (VDS) eingeführt (siehe dazu auch meine Posts hier und hier). Bisher war es Providern und Telefonanbietern verboten, gewisse Kundendaten länger als für den Verrechnungszeitraum zu speichern, nun sind diese gezwungen alle Standort-, Verbindungs- und sonstige Metadaten für sechs Monate aufzubewahren.
Obwohl keine Inhalte gespeichert werden, lässt sich trotzdem ein eindeutiges Bewegungs- und Kommunikationsprofil erstellen und es ist in Zeiten regelmäßiger Hackerangriffen nicht ausgeschlossen, dass unsere Daten in die falschen Hände gelangen. Diverse Sicherheitsstudien haben gezeigt, dass die VDS gegen Kriminalität und Terrorismus nutzlos ist, weil sie mit einfachen Mitteln zu umgehen ist und damit nur Unschuldige überwacht werden. Die Vorratsdatenspeicherung steht außerdem in klarem Widerspruch zur Europäischen Menschenrechtskonvention und dem Recht auf Privatsphäre und ist bereits in einigen europäischen Ländern wieder aufgehoben worden.

Auch in Österreich regt sich massiver Widerstand:
Am 31. März fanden in allen größeren Städten Demonstrationen gegen die Einführung der VDS statt, darunter auch in Innsbruck, wo ca. 300 Teilnehmer die Privatsphäre symbolisch zu Grabe trugen (viele schöne Fotos gibt's hier, hier und hier).
Der Arbeitskreis Vorratsdaten hat gemeinsam mit den Grünen eine Sammel-Verfassungsklage gestartet. Unter www.verfassungsklage.at können sich bis 18. Mai alle Bürgerinnen und Bürger eintragen, die sich gegen Pauschalverurteilungen und den "gläsernen Bürger" aussprechen, außerdem liegen die Formulare auch im Grünen Büro (Museumstrasse 11) auf. Auch wir haben bei der Demo fleißig gesammelt und schon viele Klagen beisammen.
Zeigen wir der Bundesregierung, dass wir nicht bereit sind, uns „auf Vorrat“ überwachen zu lassen und setzen wir gemeinsam ein Zeichen gegen den Überwachungsstaat und für unsere Privatsphäre!

Guy Fawkes auf der Demo in Innsbruck
Sonja Pitscheider, ich und
viele Verfassungsklagen